Deutsche Umwelthilfe fordert Tempo 30 innerorts zum Schutz vor gesundheitsschädlichem Verkehrslärm
Politik und Behörden vernachlässigen massiv den Schutz der Bürger vor gesundheitsschädlichem Verkehrslärm. Eine aktuelle Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter allen 82 Großstädten Deutschlands zeigt, dass lediglich 19 Städte ihre gesetzliche Frist einhalten werden, um den Lärmaktionsplan bis zum 18. Juli 2024 fertigzustellen und zu veröffentlichen. Kleinere Kommunen haben oft nicht die nötigen Ressourcen, um einen solchen Plan zu erstellen. Aufgrund der unzureichenden Lärmschutzmaßnahmen in Deutschland hat die EU-Kommission im März 2024 das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland weiter vorangetrieben. Die DUH fordert nun eine konsequente Priorisierung des Lärmschutzes, mehr Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder und die sofortige Einführung von Tempo 30 innerorts als effektivste Maßnahme zur Lärmminderung in Städten.
Dringender Handlungsbedarf bei Lärmschutzmaßnahmen
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, betont: „Mehr als 16 Millionen Menschen in Deutschland leiden laut Umweltbundesamt unter gesundheitsschädlichem Verkehrslärm. Dennoch wird der Lärmschutz von Politik und Behörden massiv vernachlässigt. Aktuell sind die Städte nicht in der Lage, ihrer Verpflichtung nachzukommen und ihre Bürger vor diesem schädlichen Lärm zu schützen. Umweltministerin Lemke muss den Kampf gegen Lärm endlich priorisieren und klare Maßnahmen ergreifen. Die Kommunen benötigen entweder Unterstützung durch Bund und Länder oder die Zuständigkeit für die Lärmaktionspläne muss an kompetente Behörden übertragen werden. Um die Betroffenen landesweit effektiv zu schützen, braucht es Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in allen Städten. Im Vergleich zu Tempo 50 halbiert Tempo 30 das wahrgenommene Verkehrsaufkommen und reduziert somit den Lärm deutlich. Ein Flickenteppich an Zuständigkeiten und komplizierte Prozesse dürfen nicht länger die Gesundheit von Millionen Menschen gefährden.“
Hintergrund und rechtlicher Rahmen
Lärm ist nach Luftverschmutzung die zweitgrößte umweltbedingte Ursache für Gesundheitsprobleme. Die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG, umgesetzt durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz, verpflichtet Kommunen oder zuständige Behörden, die Lärmbelastung der Bevölkerung zu ermitteln und in Lärmkarten darzustellen. Auf dieser Grundlage müssen bis zum 18. Juli 2024 Lärmaktionspläne erstellt werden, die konkrete Maßnahmen zur Lärmminderung vorsehen. Dazu gehören Geschwindigkeitsbegrenzungen, die Sanierung von Fahrbahnbelägen und die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs sowie des Rad- und Fußverkehrs.
Uneinheitliche Zuständigkeiten und vorbildliche Ansätze
Die Zuständigkeiten für die Erstellung der Lärmaktionspläne sind deutschlandweit nicht einheitlich geregelt. Meistens sind die Kommunen verantwortlich, aber es gibt Ausnahmen: In Hessen erstellen die Regierungspräsidien Darmstadt, Gießen und Kassel die Pläne zentral, in Bayern liegt die Zuständigkeit bei der Regierung von Oberfranken und in Rheinland-Pfalz beim Landesamt für Umwelt.
Baden-Württemberg verfolgt einen vielversprechenden Ansatz: Dort wurde ein Lärmaktionsplan auf Landesebene erarbeitet, der die Maßnahmen der Gemeinden ergänzt, Synergien schafft und Prozesse vereinfacht.
Diese Maßnahmen zeigen, dass es dringend nötig ist, den Lärmschutz in Deutschland konsequenter und effektiver anzugehen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
Text basiert auf einer Pressemitteilung von: Deutsche Umwelthilfe e.V.